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18.10.2019

Wege aus der Sucht

Zitternd steht sie vor der Klinik. Ihr ist kalt und sie sehnt sich nach noch einem Schuss, einem weiteren warmen Schuss Adrenalin, der durch ihren Körper fließt, um sich dann wenigstens für ein paar Stunden wieder frei und sorgenfrei zu fühlen, ganz ohne Ängste. Aber genau das ist es doch, was sie hierhergetrieben hat – sie kann ohne Drogen nicht mehr leben. Das weiß sie jetzt. Mit dem letzten Funken Hoffnung im Kopf betritt sie das große Klinikgebäude…

Am Anfang steht die Erkenntnis

Die Anhängigkeit von Suchtmitteln und die Verhaltenssucht sind ernstzunehmende Krankheiten, welche nachhaltig die Gesundheit und die seelische und psychische Verfassung beeinträchtigen können. Abhängigkeitserkrankungen hinterlassen Spuren in allen Lebensbereichen – in der Familie, in Freundschaften, in der Freizeit und natürlich auch im Beruf. Bezogen auf die Arbeitswelt kann langfristig auch die Erwerbs- und die Berufsfähigkeit grundsätzlich in Frage gestellt sein.

Es gibt jedoch durchaus – mal mehr, mal weniger wirkungsvolle – Behandlungsangebote, um sich aus dem Teufelskreis der Sucht zu befreien. Diese kann entweder substanzgebunden sein, etwa durch Alkohol, Drogen und Medikamentenabhängigkeit oder substanzungebunden in Form von Verhaltenssüchten, wie Spielsucht, Internetabhängigkeit, etc. Um der Sucht zu entkommen, hilft nicht einfach irgendeine beliebige Therapie, sondern an erster Stelle steht das Eingeständnis der Abhängigkeit, also die Einsicht des Betroffenen, dass eine Suchtproblematik vorhanden ist. Und mit diesem Eingeständnis muss dann auch das Bedürfnis entstehen dort rauszukommen. Aus eigenen Beobachtungen weiß ich, dass die Voraussetzungen dafür am besten sind, wenn der Betroffene bereits am Boden zerstört ist, er mit maximalem Leidensdruck zu kämpfen hat.

Unterstützende Einrichtungen

Wenn die Einsicht da ist und damit verbunden der Wunsch der Sucht zu entfliehen, muss sich der Betroffene Hilfe suchen. Erste Anlaufstellen wären etwa eine Drogenhilfe, eine Suchtberatung, eine Einrichtung der Diakonie oder der Caritas. Auch kann es eine Selbsthilfegruppe sein. Wichtig ist, sich auf den Weg zu machen und aktiv Kontakt zu einer Beratungsstelle zu suchen.

Bei substanzgebundenen Süchten wird zunächst versucht den Körper mittels Entzug zu entgiften – entweder mit einem kalten oder einem sanfteren fraktionierten Entzug. Im Anschluss findet über einen bestimmten Zeitraum die Entwöhnung statt. Diese Art des Entzugs gibt es bei den Verhaltenssüchten nicht, da keine giftigen Stoffe im Körper angelagert werden. Die Therapieformen sind hier unterschiedlich und teilweise medikamentengestützt – aber nicht jede Therapieart ist für jeden gleichermaßen geeignet. Diese muss individuell auf den Betroffenen abgestimmt sein und auch das Verhältnis zum Therapeuten muss passen. Denn eine Therapiemethode kann noch so gut sein – wenn zwischen den beiden Beteiligten die Beziehung nicht stimmt, dann wird auch der Therapieerfolg für den Betroffenen scheitern.

Verantwortung übernehmen

Nach der Therapie steht die Zukunft des Betroffenen im Fokus. Denn sobald er die Therapie verlässt, kommt er wieder in sein gewohntes Umfeld, in dem die Sucht womöglich auch entstanden ist. Ich als Betroffener muss mir also überlegen, wie die Zeit nach der Sucht aussehen kann. Weiterführende Unterstützung bieten Selbsthilfegruppen, etwa um sich mit Betroffenen auf Augenhöhe austauschen zu können. Wichtig ist darüber hinaus auch die Selbstverantwortung. Man muss jeden Tag an sich selbst arbeiten, um konsumfrei, trocken, clean, spielfrei zu bleiben und nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Als Betroffener muss ich nachhaltig Kraft und Stärke, Resilienz aufbauen, damit selbst kleinste Probleme mich nicht wieder in die Knie zwingen und damit zurück in die Sucht. Denn das Suchtgedächtnis und der Suchtdruck werden den Betroffenen ein Leben lang begleiten.

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